Mary Vieira begann 1944 ein Kunststudium an der im selben Jahr von Alberto da Veiga Guignard gegründeten Guignard University of Art of Minas Gerais (Escola Guignard) im brasilianischen Belo Horizonte. Zu ihren Lehrern in Malerei, Zeichnung und Bildhauerei gehörten Guignard, Franz Josef Weissmann und Amilcar de Castro. Schon 1948 entstanden ihre ersten elektromechanischen Skulpturen und eine Reihe von Holzarbeiten. Die für Vieira charakteristischen kinetischen Plastiken sind als Mono-, Multi-, Poly- oder Intervolumes in die Kunstgeschichte eingegangen. 1951 verliess Vieira Brasilien in Richtung Europa und liess sich 1952 in der Schweiz nieder. Hier unterhielt sie enge Kontakte zur Künstlergruppe Allianz um Max Bill. Auf seine Einladung hin nahm sie 1954 auch an der letzten Ausstellung der Allianz im Zürcher Helmhaus teil. Im selben Jahr war Vieira mit acht Werken an der Ausstellung Brasilien baut im Kunstgewerbemuseum Zürich beteiligt, für die sie auch das Plakat gestaltete. Vieira wandte sich nun vermehrt auch dem grafischen Schaffen zu. 1957 heiratete sie den italienischen Dichter und Kunstkritiker Carlo Belloli, mit dem sie einen engen künstlerischen und intellektuellen Austausch pflegte. 1966 erhielt Vieira einen Lehrauftrag für Raumgestaltung an der Kunstgewerbeschule in Basel. Vieira ist mit ihren plastischen Werken im öffentlichen Raum in Brasilien, Italien und der Schweiz gut vertreten, Arbeiten von ihr finden sich auch in vielen internationalen Museumssammlungen. Ihr grafisches Werk ist sehr überschaubar, mit ihren wenigen Plakaten hat sie jedoch Eingang in die internationale Plakatgeschichte gefunden. Ihre formal und farblich reduzierten Plakate vereinen Eleganz und Strenge und stehen in ihrer Zeitlosigkeit exemplarisch für die Moderne im Grafikdesign. (Bettina Richter)